05.12.2017

Erfahrungsbericht Kalligrafiekurs

Das Erste, was wir im Kalligrafiekurs lernen: Mit Hast geht gar nichts. Wer mit Schreibfeder und Tinte schöne Buchstaben zaubern will, braucht Ruhe und Geduld. Vor allem mit sich selbst. Martin Heickmann, passionierter Sammler rund um das Thema Schreibkultur, lässt uns an seiner langjährigen Kalligrafieerfahrung teilhaben.

Eine Schreibfeder wird mit Tinte beträufelt.

Wenn es die perfekte Atmosphäre für das Erlernen der schönen Schriftkunst gibt, dann im Museum der Schreibkultur in Wiehl (NRW). Das alte Kirchgut atmet und beherbergt Geschichte: In den historischen Räumen stellt Martin Heickmann seine Sammlung zur Schreibkultur aus – vom römischen Stilus bis hin zu filigranen Stahlfedern des 19. Jahrhunderts.

Kalligrafie in historischer Umgebung

Und mittendrin: Wir. Tintenbekleckst und hochkonzentriert sitzen wir im Wintergarten des alten Kirchguts und zeichnen Buchstaben – oder versuchen es zumindest. "Wir können heute das Thema nur kurz anreißen", erklärt Martin Heickmann gleich zu Beginn unseres Workshops. "Aber ich hoffe, dass ihr über den Kurs einen Zugang zur Kalligrafie findet und ich vielleicht sogar jemanden infizieren kann."

Die Anatomie der Buchstaben

Wir starten direkt in die Praxis: Jeder bekommt eine Bandzugfeder mit einer 2-Millimeter-Federspitze. Wir setzen sie in den Federhalter ein und achten darauf, dass sie nicht wackelt. Danach tröpfeln wir vorsichtig Tinte hinter die Überfeder und setzen sie das erste Mal auf Papier. "Die Feder wird immer gezogen, nie geschoben", sagt Martin Heickmann. "Das führt dazu, dass ein Buchstabe in mehrere Einzelstriche zerlegt werden muss, die am Ende ein stimmiges Bild ergeben."

Kalligrafie-Experte Martin Heickmann sitzt am Tisch und schreibt mit einer Feder. Vor ihm steht ein Tintenfass und es liegt Papier auf dem Tisch.
Kalligrafie-Experte Martin Heickmann zeigt uns, wie die Buchstaben am Ende aussehen sollen.

Die erste Schrift, an der wir uns versuchen, ist die "Foundational". Diese kalligrafische Lehrschrift wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Edward Johnston entwickelt. Eifrig beginnen wir, Klein- und Großbuchstaben nachzuahmen. Kommentare wie "Aus meiner Feder kommt nichts raus...?", "Ich bekomme die dünnen Striche nicht hin!" oder "Oje, das ist alles schief" fliegen durch den Raum. Martin Heickmann geht von einem zum anderen und gibt nützlich Tipps: "Beim Aufschwung halte ich die Feder seitlich, sodass nur noch die Kante aufliegt. So sind die dünnen Striche einfacher."

Wir erfinden neue Schriftarten

So langsam gewinnen wir an Sicherheit. Auf kariertem Papier gelingen die Buchstaben viel besser, weil wir uns an Länge und Breite der Kästchen orientieren können. Und gerade dann, wenn wir denken, ganz nah dran an der "Foundational" zu sein, schaut uns Martin Heickmann über die Schulter und sagt:"Interessant, das sieht fast aus wie eine mittelalterliche Frakturschrift." Na, immerhin!

Jeder hat Buchstaben, die er besser hinbekommt als andere. Buchstaben wie a, d, g oder o fallen den meisten durch ihre Rundungen schwerer als zum Beispiel h, i, m oder n. Aber nur Übung macht den Meister!

Pausen müssen sein

Weil irgendwann die Finger weh tun und die Konzentration nachlässt, gibt es zwischendurch ein leckeres Curry und einen guten Kaffee. Dabei spazieren wir durch das Museum und betrachten beeindruckt die umfangreiche Sammlung, bevor es wieder in den Wintergarten geht. Hier braust der Herbststurm um uns herum und wir entdecken eine weitere Schrift: Die "Humanistische Kursive" wurde schon in den Kanzleien der italienischen Humanisten im 15. Jahrhundert geschrieben. Sie ist klar, schlicht und gut lesbar – optimal, um schnell und viel zu schreiben. Martin Heickmann zeigt uns, wie das Alphabet am Ende aussehen sollte. Gezielt setzt er hier und da Schwünge und Schnörkel an die Buchstaben: "Man kann diese Elemente wunderbar nutzen, um Lücken zwischen den Buchstaben zu füllen und ein gleichmäßiges Schriftbild zu erzeugen."

Wieder üben wir fleißig das Alphabet, bevor wir zur Kür des Tages kommen: Wir möchten einen Schriftzug auf wärmebeständiges Papier setzen, das später als Windlicht eine schöne Stimmung in unserem Wohnzimmer verbreitet.  Hierfür kommt Farbe ins Spiel: Martin Heickmann zeigt uns, wie man mit Holzstückchen und farbiger Tinte Hintergründe und Dekoelemente gestalten kann. Gegenseitig schauen wir uns über die Schulter, geben Tipps und Ideen. Am Ende gehen alle mit einem ganz individuellen Windlicht nach Hause – und jeder Menge Tinte an den Fingern.

Ein Windlicht mit Kalligrafie belettert.
Am Ende gestalten wir ein Windlicht.

Mögen Sie die Welt der Schreibkultur auch genauso gerne wie wir von Engler? Dann kommen Sie in unserem Geschäft in Rheinbach vorbei. Bei uns finden Sie viele verschiedene Schreibgeräte, mit denen Sie sich in Kalligrafie, der modern calligraphy, im Handlettering oder schlicht im Briefeschreiben versuchen können!

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